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Startseite > Nachrichten > Nachricht vom 12. Juli 2001

Diskriminierung im Weltall

Jetzt ist es halbamtlich: Die Natur bevorzugt Materie gegenüber Antimaterie. Wem eine solche Ungerechtigkeit nicht behagt, sollte eines wissen: Diese Diskriminierung könnte der Grund dafür sein, dass es uns gibt.

Ein ehernes Gesetz der Teilchenphysik lautet: Wenn in unserem Universum Materie entsteht, so auch immer Antimaterie zum selben Teil. Dies sollte auch beim Urknall der Fall gewesen sein. Damals - vor rund 14 Milliarden Jahren - entstanden in einer gewaltigen Energieexplosion Materie und Antimaterie im Verhältnis 1:1.

Foto: Leuchtender Nebel im Weltall
Enkel des Urknalls

In einem weiteren Gesetz heißt es: Wenn sich Materie und Antimaterie über den Weg laufen, vernichten sich beide zu reiner Energie. Dies hätte auch irgendwann nach dem Urknall passieren müssen, so dass unser Universum jetzt nur aus reinem Licht bestehen dürfte. Wer sich jedoch einmal umschaut, wird sehen, dass dem nicht so ist. Und wer genauer nachzählt, erhält folgendes Resultat: Es muss einen Prozess gegeben haben, der kurz nach dem Urknall Antiteilchen in Teilchen umwandelte, so dass auf 10.000.000.000 Antiteilchen 10.000.000.001 Teilchen kamen.

1967 formulierte der russische Physiker Andrei Sakharov, wie es zu dieser Unregelmäßigkeit kommen konnte. In seinen Berechnungen griff er auf ein Phänomen zurück, das erst drei Jahre zuvor - 1964 - experimentell gezeigt wurde: die CP-Verletzung (siehe Kasten).

Grafik: Dreidimensionale Darstellung des BaBar-Detektors
Ein Detektor namens "BaBar"

Nach dem indirekten Nachweis von 1964 gibt es jetzt - 37 Jahre später - den ersten direkten experimentellen Nachschlag. Das Teilchenphysik-Experiment BaBar in Kalifornien (siehe Kasten) untersucht seit 1999 den Zerfall von B-Mesonen (siehe Kasten). Im Juli 2001 hat die Arbeitsgruppe Ergebnisse veröffentlicht, die zeigen, wie stark die CP-Verletzung wirklich ist.

Die Antwort lautet 0.59. Es handelt sich dabei um den Wert eines von rund 20 Parametern des Standard-Modells der Teilchenphysik. Wenn keine CP-Verletzung vorläge, wäre dieser Wert 0. Dann wäre es in unserer Welt viel heller, es gäbe aber niemanden, der sich daran erfreuen könnte.

Das BaBar-Experiment in Stanford
Mehr als 600 Wissenschaftler aus aller Welt haben sich bei BaBar am SLAC (Standford Linear Accelerator Center) in Kalifornien zusammengefunden, um der Frage auf den Grund zu gehen, warum es in unserem Universum so viel Materie und so wenig Antimaterie gibt. Die Forscher lassen dazu Elektronen mit Positronen zusammenstoßen. Im Juni 1999 nahm das Experiment den Forschungsbetrieb auf.

Grafik: Schemazeichnung mit Beschleunigerringen und Detektor
Die Beschleunigerringe

Das Experiment, das der Asymmetrie von Materie und Antimaterie auf den Grund geht, unterscheidet die beiden Teilchensorten schon im Aufbau. Die Elektronen werden auf 9 Milliarden Elektronenvolt beschleunigt, deren Antiteilchen, die Positronen, auf nur 3 Milliarden. Wenn beide Teilchenstrahlen aufeinanderprallen, entstehen unzählige so genannte B-Mesonen, deren Zerfall in einem 1200 Tonnen schweren Detektor mit Namen BaBar genau untersucht werden.

Grafik: Buchstaben C, P und T

CP-Verletzung
Wenn Physiker von Spiegeln sprechen, haben sie nur selten Badezimmereinrichtungen im Sinn. So kennt die Teilchenphysik drei unterschiedliche Spiegelungen: Die Raumspiegelung (P) vertauscht oben und unten, links und rechts. Die Ladungsspiegelung (C) vertauscht Materie und Antimaterie. Die Zeitspiegelung (T) lässt die Zeit rückwärts laufen.

Eine Grundannahme des Standard-Modells ist, dass sich unser Universum nicht von einem "Zwilling" unterscheidet, in dem man die Zeit rückwärts laufen lässt, danach Materie und Antimaterie vertauscht und zu guter Letzt auch noch den Raum spiegelt. Gäbe es hier einen Konflikt, so zöge dies dem Standard-Modell den theoretischen Boden unter den Füßen weg. Physiker sagen daher, dass Universum sei CPT-symmetrisch.

Seit 1964 weiß man jedoch, dass die vollständige Symmetrie nur für die Kombination CPT gilt, nicht jedoch für CP beziehungsweise T alleine. Damals untersuchten Physiker so genannte Kaonen, die aus zwei Quarks bestehen und ständig in Teilchenphysikexperimenten erzeugt werden. Es zeigte sich, dass wenige dieser Kaonen so zerfallen, dass sie die CP-Symmetrie verletzen.

Das war aber nicht so tragisch. Denn 1972 bauten die Japaner Kobayashi und Maskawa die Verletzung der CP-Symmetrie mit einem zusätzlichen Parameter in das Standard-Modell der Teilchenphysik ein. Beschrieben wird dies über den Parameter "sin 2 Beta".

Was sind B-Mesonen?
B-Mesonen sind recht neu im Teilchengewerbe: Sie konnten ihre Existenz bis 1982 erfolgreich verbergen. Denn sie sind schwer, wiegen fast sechsmal so viel wie ein Proton. Deshalb reichten die Beschleuniger-Energien lange nicht aus, um sie zu erzeugen. Den größten Teil zur Masse trägt ein bottom-Quark bei. Daneben befindet sich in neutralen B-Mesonen (den B-0s) noch ein Anti-down-Quark. Die Lebenserwartung eines B-0-Teilchens ist nicht sonderlich üppig. Sie beträgt nur 1,56 * 10-12s.

Berechnungen zeigen, dass die B-Mesonen sich sehr gut für die Untersuchung der CP-Verletzung eignen, da diese bei ihnen besonders stark ausgeprägt sein soll. Daher entstanden in den letzten Jahren weltweit so genannte B-Fabriken, die nur der Erzeugung von Bs dienen. Damit ist es erstmals möglich, die CP-Verletzung genauer zu untersuchen. Dass die kombinierte Spiegelung von Materie (C) und Raum (P) bei Prozessen mit Bs nicht erhalten ist, wurde das erste Mal Anfang 1999 am Fermilab entdeckt.

Wissenschaftliche Quelle

  • Physical Review Letters, 5. Juli 2001

Kurz und knapp

  • Das BaBar-Experiment in Kalifornien hat einen direkten, verlässlichen Nachweis für die CP-Verletzung bei B-Mesonen erbracht.

Weblinks

  • Symbol: Englische Sprache BaBar
    Das BaBar-Experiment in Kalifornien
  • Symbol: Englische Sprache BELLE
    Das BELLE-Experiment in Japan
  • Mehr Links in KworkQuarks Hyperraum unter Physik > Teilchenphysik > Symmetrien

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