Massive Terminverschiebung
Entdeckung verschoben: Ob das Standard-Modell der Teilchenphysik die Entstehung
von Masse überzeugend zu erklären vermag, wird nicht vor 2009 entschieden. Bisher
hofften Physiker, innerhalb der nächsten Jahre weitere Antworten auf diese Frage
zu erhalten. Aktuelle Schätzungen der Leistung des Teilchenbeschleunigers Tevatron
machen diese Hoffnungen jedoch zunichte.
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Das
Higgs: Wird es jemals nachgewiesen? |
Seit Jahrzehnten sind Teilchenphysiker auf der Jagd nach dem Higgs, dem letzten
Puzzle-Stein im Standard-Modell der Teilchenphysik. Das Higgs wäre der Beweis,
dass sich Physiker die Entstehung von Masse in unserem Universum richtig erklären.
Doch die Suche nach dem Higgs verlief bisher erfolglos. Sie brachte aber zutage,
dass das Teilchen eine Masse zwischen 114 und 211 Milliarden Elektronenvolt
haben muss, wenn es denn existiert.
Im Jahr 2000 meinten die Forscher des Teilchenphysikzentrums CERN am unteren
Ende dieses Bereiches etwas erspäht zu haben. Teilchenzusammenstöße am Beschleuniger
LEP zeigten Indizien für ein Higgs mit einer Masse von 115 Milliarden Elektronenvolt.
Ein Wettlauf mit der Zeit begann, denn LEP stand kurz davor, abgeschaltet zu
werden, um dem nächsten großen CERN Projekt, dem LHC, Platz zu machen. Nach
einmonatiger Galgenfrist entschied sich das CERN-Management gegen einen kostspieligen
verlängerten Betrieb.
Nicht allen Forschern am CERN behagte diese Entscheidung. Denn der Beschleuniger
Tevatron am Fermilab in der Nähe von Chicago stand in den Startlöchern.
Von dieser Maschine versprach man sich, genügend Daten zu produzieren, um das
Ergebnis von LEP zu bestätigen oder zu zeigen, dass hier nur die Laune des Zufalls
einen Streich gespielt hat. Das CERN-Direktorium gab den Staffelstab an das
Tevatron ab und damit zunächst auch die Aussicht auf noblen Erfolg und wissenschaftlichen
Ruhm.
Nun aber erschien ein Bericht der Fermilab-Wissenschaftler an das US-Energieminsterium,
welches die Teilchenphysik in den Vereinigten Staaten finanziert. In dem Bericht
heißt es, dass die Wahrscheinlichkeit nicht sonderlich groß ist, am Tevatron
das Higgs zu entdecken. Es gibt technische Probleme, die weit weniger Teilchenzusammenstöße
erwarten lassen, als zunächst vermutet.
Damit wird die Higgs-Frage erneut über den Atlantik gereicht. Die Arbeiten
am LHC laufen auf Hochtouren. In ihm werden ab 2007 Protonen bei so hohen Energien
und derart großen Stückzahlen aufeinander prallen, dass 2009 sicher sein wird,
ob es ein 115 Milliarden Elektronenvolt schweres Higgs gibt. Und falls nicht,
wird LHC auch den restlichen Massebereich bis 211 Milliarden Elektronenvolt
genau unter die Lupe nehmen können.
Bei der einen Forscherin oder dem anderen Wissenschaftler am CERN wird diese
Nachricht vielleicht Erleichterung auslösen. Und Peter Higgs von der University
of Edinburgh kann sich noch einmal in aller Ruhe nach einem Frack umschauen.
Denn er wird mindestens weitere sechs Jahre auf seinen Nobelpreis warten müssen.
Quellen
Kurz und knapp
- Mit dem Tevatron am Fermilab wird das Higgs vermutlich nicht entdeckt werden.
- Nun liegt es am LHC, dem künftigen Beschleuniger am CERN, Klarheit
zu schaffen.
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