Noble Neutrinos.
Ein halber Physik-Nobelpreis 2002 und damit rund 550.000 Euro Preisgeld gehen
an zwei Neutrino-Forscher.
Neutrinos sind extrem scheue Teilchen: Sie treten nur über die so genannte
Schwache Kraft mit dem Rest der Materie in Wechselwirkung. Und da dies äußerst
selten geschieht, benötigen Sie schon einen Bleiklotz von rund 10 Milliarden
Kilometern Länge, um mit Sicherheit ein Neutrino einzufangen.
Solche Klötze führen noch nicht einmal die großen Baumärkte
am Stadtrand; von den Problemen der Lagerung und des Transports ganz zu schweigen.
Also müssen schlauere Ideen her. Und die waren der Königlich-Schwedischen
Akademie der Wissenschaften dann auch einen Nobelpreis wert – oder zumindest
einen halben, denn die andere Hälfte ging an Riccardo Gaicconi, den Begründer
der Röntgenastronomie.
Der
Argonfischer - Preisgeld: 125 Euro pro Neutrino.
Raymond Davis (*1914) zeigte Ende 1960er Jahre, dass die Sonne Neutrinos
aussendet. Damit konnte er bestätigen, dass Sterne ihre Energie aus der
Kernfusion, also der Verschmelzung von kleinen Atomkernen zu größeren,
beziehen.
Wer nun bei der Erforschung von Sonnenneutrinos an Südseeinseln denkt,
auf der die Wissenschaftler gemütlich auf ihre Neutrinos warten, der irrt.
Unter rund 1.500 Metern Fels in einer stillgelegten Goldmine in South Dakota
installierten Davis und sein Team einen Tank mit 615 Tonnen des Reinigungsmittels
Tetrachlorethen. Der Fels schirmte den Tank vor der kosmischen Strahlung ab,
Sonnenneutrinos schafften es aber problemlos dorthin und wandelten beim äußerst
seltenen Zusammenstoß mit einem Chlor-Atom in der Flüssigkeit dieses
in ein radioaktives Argonatom um. Der Trick bestand jetzt darin, die Argonatome
herauszufischen, wozu Davis die Flüssigkeit alle zwei Monate mit Helium
durchpustete. Von 1970 bis 1984 kam das Team auf rund 2200 Neutrinos.
Die Forscher entdeckten damit viel weniger Neutrinos, als die Modelle vorhersagten.
Über dieses Rätsel um die Sonnenneutrinos zerbrachen sich die Wissenschaftlicher
die Köpfe.
Der
Lichtschürfer - Preisgeld: 23.000 Euro pro Neutrino.
Auch der zweite Preisträger Masatoshi Koshiba (*1926) baute eine Nachweisapparatur
für Neutrinos: Kamiokande II. Dazu füllte er die ehemalige japanische
Mine Kamioka mit 2.000 Tonnen Wasser und schürfte das schwache, blaue Leuchten,
das entstand, wenn Teilchen mit hoher Geschwindigkeit durch das Wasser rasten.
Über diese so genannte Tscherenkow-Strahlung gelang es ihm, zwölf
Neutrinos zu beoachten, die bei einer Sternenexplosion in der Großen Magellanschen
Wolke (der Supernova 1987A) entstanden waren. Damit konnten zum einen die Theorien
zu Supernovae bestätigt und zum anderen eine obere Grenze für die
Masse der Neutrinos benannt werden.
Koshiba hat mit einem neuen Experiment, dem Super-Kamiokande, auch eine mögliche
Antwort auf das Rätsel der Sonnenneutrinos geliefert. Die Beobachtungen
an diesem Experiment und die an einer ähnlichen Anlage in Kanada deuten
darauf hin dass sich die drei bekannten Neutrinotypen ineinander umwandeln können,
was eben erklären könnte, warum Davis nicht so viele Neutrinos nachweisen
konnte, wie er ursprünglich vermutete.
WWW-Links
Kurz und knapp
- Eine Hälfte des Physik-Nobelpreises 2002 geht an zwei Neutrino-Forscher.
- Raymond Davis (*1914) wies Sonnenneutrinos nach und brachte das "Rätsel
um die Sonneneutrinos" zum Vorschein.
- Masatoshi Koshiba (*1926) beobachtete Neutrinos aus einer Sternenexplosion.
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