Und irrt es doch?
Es ist jung, erfolgreich und hatte bisher fast immer Recht. Nun bekam das Standard-Modell
der Teilchenphysik einen Dämpfer: Eine experimentelle Bestimmung
des Magnetfeldes von Myonen deckt sich nicht mit den Vorhersagen der Theorie.
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Gibt
es gefährliche Zahlen? Ein neuer Wert für das magnetische Moment
des Myons bietet dem Standard-Modell die Stirn. |
Myonen sind mit den Elektronen verwandt, gelten als unteilbar und segnen nach
einer 2 Millionstel Sekunde das Zeitliche. Diese Kurzatmigkeit der Myonen hindert
Physiker freilich nicht daran, die Eigenschaften der Teilchen zu vermessen - darunter
auch das Magnetfeld, das die Teilchen umgibt. Mit größer Beharrlichkeit,
beachtlichem technischen Aufwand und höchster Präzision bestimmen sie
seit Jahrzehnten das so genannte magnetische Moment der Teilchen. Diese Experimente
haben sich als wichtiger Test für die Theorie des Allerkleinsten behauptet:
dem Standard-Modell der Teilchenphysik, das seit rund 30 Jahren die Welt der Elektronen,
Myonen und Quarks beschreibt und dem in dieser Zeit nicht die geringste Schwäche
experimentell nachgewiesen werden konnte.
Nun jedoch wurden experimentelle Ergebnisse veröffentlicht, die nach Revolution
riechen. Danach würde das magnetische Moment der Myonen vom Standard-Modell
in seiner jetzigen Fassung falsch vorhergesagt. Das Modell liegt damit zwar
noch nicht k.o. am Boden, es hat aber einen ernsthaften Schlag versetzt bekommen
und könnte schon bald seinem Nachfolger Platz machen. Ein möglicher
Kandidat für ein solches Standard-Modell 2.0 wäre eine so genannte
supersymmetrische Variante. Die liegt auch schon in den Schubladen der Theoretiker.
Doch bevor wir wissen, ob sich die Natur wirklich an dieses supersymmetrische
Drehbuch hält, sind noch ein paar Entdeckungen vonnöten, die sich
Teilchenphysiker von den Beschleunigern der nächsten Generation erhoffen.
Und vielleicht ist alles ja auch ganz anders
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Das
Experiment zur Bestimmung des magnetischen Moments von Myonen am Brookhaven
National Laboratory. (Quelle: BNL) |
Wissenschaftler aus 11 Forschungsstätten waren an der neuesten Enthüllung
um das magnetische Moment des Myons beteiligt. Schon im Februar 2001 hatten
sie erste Ergebnisse veröffentlicht. Auch diese standen im Widerspruch
zum Standard-Modell. Daraufhin entdeckten die Theoretiker jedoch einen Fehler
in den eigenen Berechnungen. Nachdem dieser beseitig war, klang das experimentelle
Ergebnis nicht mehr ganz so niederschmetternd. Doch nun konnte die Genauigkeit
des Experiments verdoppelt werden. Und es liegt schon wieder eine Abweichung
vor, wenn auch viele Kritiker sagen, dass diese noch nicht der Rede wert sei.
Ob auch dieses Mal die Theoretiker einen Ausweg wissen? Oder wurde hier das
Ende des Standard-Modells eingeläutet? Nach Ansicht des Wissenschaftstheoretikers
Karl Popper können Theorien niemals bewiesen, sondern nur widerlegt und
durch bessere ersetzt werden. In der Wissenschaft ist eben auch die Niederlage
ein Erfolg.
WWW-Links
Kurz und knapp
- Das Standard-Modell der Teilchenphysik überstand in seiner knapp 30-jährigen
Existenz jeden experimentellen Widerlegungsversuch.
- Eine neue experimentelle Bestimmung des magnetischen Moments von Myonen
deckt sich jedoch nicht mit den theoretischen Vorhersagen des Modells.
Schlagworte
- Myon
- Magnetisches Moment
- g-2-Experiment
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