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Startseite > Nachrichten > Nachricht vom 17. Juni 2001

Das durchgeknallte Experiment

In einem der größten Unglücksfälle der Teilchenphysik implodierte mehr als die Hälfte des Super-Kamiokande-Experimentes in Japan. Zu Schaden kam nur Technik - und die Aussicht, bald mehr über die Masse von Neutrinos zu erfahren.

Grafik: Karte von JapanDie Welt, oder zumindest jener Teil, der sich für Neutrinos interessiert, blickte 1998 voller Spannung auf Japan, als man dort die neueste Meldung über Neutrinos auf den Tisch legte: Die wohl geisterhaftesten aller Teilchen sollten demnach eine Masse haben - anders als bis dahin attestiert.

Gefunden wurden diese Ergebnis inmitten einer gigantischen Höhle: 40 Meter im Durchmesser, einen Kilometer tief unter der Erde, gefüllt mit 50.000 Tonnen reinstem Wasser und an den Wänden bestückt mit 11.242 Licht-Detektoren. Die Höhle steht immer noch, doch das Wasser ist abgelassen und von den Detektoren haben rund 7.000 den 11. November 2001 nicht überlebt. Als die ehemalige Mine mit neuem Wasser gefüllt werden sollte, ist ein Großteil der so genannten Photo-Multiplier in einer Kettenreaktion implodiert.

Foto: Zersprungene Fotovervielfacher
In der oberen Bildhälfte sind die Photomultiplier heil, darunter kaputt.

Dabei begann der November für die Neutrino-Forscher recht zuversichtlich. Sie konnten sich bei einer auf der Hawaii-Insel Maui abgehaltenen Konferenz zu dem Schluss durchringen, dass die Ergebnisse von Super-Kamiokande zusammen mit denen aus dem kanadischen Sudbury (KworkQuark berichtete) nur mit schweren Neutrinos erklärt werden könnten. Diese Bestätigung von Super-Kamiokande ist ein wichtiger Schritt auf dem Weg zur Nobelpreisvergabe in Stockholm. Doch es bleiben noch Fragen offen. So ist weiteres Datenmaterial vonnöten, um das "Wie schwer?" zu klären.

Foto: Weitwinkelaufnahme vom Innern des Detektors
Ein Bild aus besseren Tagen: Das funktionsfähige Kamiokande Experiment.

Super-Kamiokande kann dazu erst einmal nichts beitragen. Denn die implodierten Photo-Multiplier sind die Herzstücke des Experiments: Die 50 Zentimeter langen Röhren weisen Licht nach, aus dem auf Zusammenstöße von Neutrinos mit dem Wasser geschlossen werden kann. Drei Typen von Neutrinos kennen Physiker. Das Super-Kamiokande-Experiment untersuchte unter anderem, ob die Neutrinos auf ihrer langen Reise von der Sonne zur Erde ihren Typ ändern. Dies ist bei nicht masselosen Neutrinos der Fall.

Die Reparatur wird mindestens ein Jahr dauern. Doch in Japan zeigt man sich optimistisch: "Wir werden den Detektor wiederaufbauen. Das ist gar keine Frage.", sagt Direktor Yoji Totsuka vom Kamioka Observatorium. Ganz billig wird die Sache hingegen nicht: Jeder der 7.000 zerstörten Photo-Multiplier kostet 3.000 Dollar.

Im Detail: Wie funktioniert ein Photo-Multiplier?
Ihr Name trügt: Denn in Photo-Multipliern werden weder Photos noch Photonen vervielfältig, sondern Elektronen. Es handelt sich also um Elektronen-Vervielfacher, die aber so empfindlich sind, dass mit ihnen einzelne Teilchen des Lichts (Photonen) nachgewiesen werden können.

Und so funktionieren sie: Fällt ein Photon auf die so genannte Photokathode eines Photo-Multipliers, so kann ein einzelnes Elektron herausgelöst werden. Dieses Elektron wird zu einem positiv geladenen Pol beschleunigt, trifft dort wuchtvoll auf und befreit gleich mehrere weitere Elektronen aus dem Metall. Diese wandern gemeinsam zu einem zweiten Pol, wo das Spiel von vorne beginnt. Nach zahlreichen solcher Verstärkungsprozesse entsteht am Ende ein elektrisches Signal, das um viele zig Millionen Male stärker ist als das ursprüngliche.

Grafik: Schemazeichnung des Fotovervielfachers

Photo-Multipliern sind evakuiert, damit sich den Elektronen auf ihrem durch die Röhre keine Luftmoleküle in den Weg stellen. Evakuierte Röhren können implodieren, also in sich zusammenfallen, wenn sie dem Außendruck kein Paroli mehr bieten.

Kurz und knapp

  • Bei der Beantwortung der Frage, ob Neutrinos eine Masse haben, spielte das japanische Super-Kamiokande-Experiment eine wichtige Rolle.
  • Am 11. November 2001 sind über die Hälfte der 11.242 Lichtdetektoren des Experiments implodiert.
  • Die Reparatur wird mindestens ein Jahr dauern.

Weblinks

  • Symbol: Englische Sprache Das Super-Kamiokande-Experiment
    Auf den Seiten gibt es zahlreiche Fotos vom Bau des unterirdischen Detektors und natürlich allerhand über die wissenschaftlichen Erkenntnisse, die mit seiner Hilfe gewonnen wurden.
  • Symbol: Englische Sprache History of the neutrinos
    Hier wird der Geschichte rund ums Neutrino viel Aufmerksamkeit geschenkt.
  • Mehr Links in KworkQuarks Hyperraum unter Physik > Teilchenphysik > Neutrinophysik

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Photos auf dieser Seite: (c) ICRR (Institute for Cosmic Ray Research), The University of Tokyo


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